Protestieren die Bauern zu Recht?

Überall in der Republik protestieren die Bauern und machen auf ihre teils prekäre Situation aufmerksam. Und das, obwohl die Bundesregierung die geplanten Maßnahmen, die Auslöser für diese Proteste waren, inzwischen wieder zurückgenommen, abgeschwächt oder derer Einführung verschoben hat. 

Und das zu Recht. Denn den Bauern kommt es so vor, als ob sie überproportional kürzertreten sollen, um den Bundeshaushalt zu retten, der seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Umwidmung des Sondervermögens in Schieflage geraten ist. Der Protest ist angebracht, weil es nicht einleuchtet, dass gerade der Berufsstand, der eh schon mit dem Rücken zur Wand steht, auf die Dieselsubventionen verzichten soll, während die um ein Vielfaches größeren Steuerprivilegien bei Dienstwagen und Flugbenzin unangetastet bleiben sollen.

Das Problem ist nur, dass die Proteste sich an die Falschen richten. Demonstrationen und Kritik an der Regierungsarbeit gehören in einer Demokratie dazu. Und das halten wir aus. Aber manchen Protestierenden wie am Aschermittwoch in Biberach geht es nicht um Dialog oder um politische Anliegen. Sie verbreiten Hass und arbeiten mit Gewalt. Damit schaden sie den Anliegen der Landwirt/innen und dem legitimen demokratischen Protest insgesamt.

Die Ampelregierung in Berlin trägt nicht die Hauptverantwortung an der Situation der Landwirte, sondern in erster Linie eine EU-Subventionspolitik, die sich an der Größe der Fläche orientiert statt an ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten. Dadurch werden systematisch industrielle landwirtschaftliche Großbetriebe massiv gefördert und die kleinbäuerlichen Familienbetriebe an den Rand des Existenzminimums gedrängt. Geplante Änderungen am Flächenprinzip werden seit Jahren von der Union-geführten EVP verhindert, unterstützt vom Deutschen Bauernverband, der sich verbal oft vor Kleinbetriebe stellt, aber eine knallharte Lobbyarbeit betreibt, die überwiegend den großen Betrieben zugutekommt.

Aber auch der Handel trägt eine Mitverantwortung, indem sein Anteil am Preis der Endkunden seit Jahren steigt, während der Anteil, den die Erzeuger für ihre Ware bekommen, seit Jahren sinkt.

Sowohl die EU-Politik als auch die Politik des Bauernverbandes und die der Handelskonzerne setzen auf Masse statt Qualität. Und genau dem können wir als Verbraucherinnen und Verbraucher auch hier in Ilvesheim etwas entgegensetzen: Bio statt billig, regional und saisonal erzeugt statt importierter Massenware. Damit stärken wir die heimischen Betriebe und Biobauern.

Nicht alle Verbraucher/Innen können sich das leisten, aber noch viel zu wenige von denen, die es sich leisten könnten, achten darauf. Es muss zu einem Umdenken an der Ladentheke kommen, dann hätten auch die Bauern etwas davon. 

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