Als die Industrialisierung im 18. Jahrhundert über die westliche Welt hereinbrach, geschah Ähnliches wie heute – einige machten irre Gewinne, viele bezahlten einen hohen Preis dafür. Kinderarbeit, unsägliche Arbeitsbedingungen und systematische Ausbeutung waren Usus. Der Versuch, dem Einhalt zu gebieten, wurde zunächst vehement abgewehrt. Von denen, die daran unmittelbar und mittelbar verdienten. Und doch gibt es heute Arbeitsschutzrichtlinien, Gewerkschaften und Tariflöhne – in Deutschland und in fast allen Ländern der westlichen Welt.
Die Globalisierung hat sicherlich mit der Sklaverei ihren Anfang genommen, erfährt aber heute ganz neue Dimensionen. Aber auch hier findet ein Bewusstseinswandel statt. Es kann und darf nicht sein, dass wir billig kaufen, was wieder mit Kinderarbeit, Pestizidbelastung von (arbeitendem) Mensch und Natur, schrecklichen Arbeitsbedingungen, kurz: mit systematischer Ausbeutung erwirtschaftet wird. Die Ware liegt unschuldig und verführerisch vor uns. Klamotten, Handys, Früchte, Schokolade … nichts von den Grausamkeiten auf dem Weg zu uns kann man sehen.
Daher braucht es dringend auch in Deutschland (wie zB schon in Frankreich) ein Lieferkettengesetz, dass es den Marktteilnehmern vorschreibt, zu wissen und transparent zu machen, wo die Grundprodukte der Waren herkommen. Die vielbeschworene Freiwilligkeit funktioniert nicht. Zumindest nicht flächendeckend. Es gibt Firmen, die das als Wettbewerbsvorteil ansehen. Ich kenne auf Anhieb Schokoladen-, Kleidungs- und HandyHersteller, die das seit Jahren betreiben und ausbauen. Aber die finden Sie kaum im Supermarkt, schon gar nicht beim Discounter. Dort, wo die Kunden nicht akribisch die Packung rumdrehen und erstmal das Kleingedruckte lesen.
Unsere Minister geben in dieser Sache noch kein einheitliches Bild ab. Arbeitsminister Heil (SPD) und Entwicklungsminister Müller (CSU) machen sich stark für ein solches Gesetz. Die Grünen im Bundestag unterstützen dieses Ansinnen selbstverständlich, auch mit einem eigenen Antrag. Wirtschaftsminister Altmeier blockiert.
NGOs wie Oxfam und Initiative Lieferkettengesetz (von denen wir Postkarten an Herrn Altmeier vorrätig haben) machen sich ebenfalls stark dafür. Doch wir brauchen jeden Einzelnen, denn nur Öffentlichkeit erhöht den Druck, damit auch ein Wirtschaftsminister sieht, damit ist Staat zu machen. Es war bei der Industrialisierung nicht der Untergang des Abendlandes, es wird und muss auch heute menschenwürdig(er) gehen!
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